Brauchtumsgruppe Tonstecher und G'sälzhafnerin

Wissenswertes über die Fasnet

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„Befußelte Nullitäten“
Wie die Fastnacht ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen entwickelte

Fastnacht, Fasching, Karneval:
Ursprünglich kennzeichneten diese Begriffe nur den Abend vor der österlichen Fastenzeit.
Heute stehen sie für unter schiedliche Arten des Feierns. Wie ist es dazu gekommen?
GÜNTER SCHENK

Fastnacht ist, wörtlich genommen die, Nacht vor der Fastenzeit;
Fasching kommt - von „Fast- Schank“ dem Ausschank des Fastentrunks,
und „Carne vale` bedeutet „Lebe wohl Fleisch!"

Die drei Begriffe standen also; ursprünglich für den Beginn der Fastenzeit. Und an jenen Tagen vor Aschermittwoch galt es, alle Lebensmittel aufzubrauchen, die unter das Fasten-gebot fielen. Dazu gehörte neben Fleisch vor allem Fett, das man zu Krapfen oder Fas-nachts¬¬küchlein verarbeitete.
Mit den seit dem 12. Jahrhundert bezeugten Narren- und Eselsfesten etablierten sich neue närrische Formen, die das Prinzip der verkehrten Welt, das schon die römischen Saturnalien, geprägt hatte, erstmals in ganz Mitteleuropa populär machten- und schließlich zur Geburt des Narren führten.
Die Reformation aber hatte für den Mummenschanz wenig Verständnis. Für Luther und seine Nachfolger war er schlicht heidnisch, seine Auswüchse eines Christen wenig würdig. Logische Folge war, dass die Fastnacht in den protestantischen Regionen Europas langsam verschwand.
In den katholischen Landen aber entwickelte sich die Narrenfigur unter dem Einfluss der Aufklärung weiter. Aus den dümmlichen, von ständigem Hunger oder Durst geplagten Hanswursten wurden gewitzte Spaßvögel, die mit ihren Streichen dem Unterhal-tungsbedürfnis der Massen vor allem in den Städten entgegenkamen.
Ein richtiges Volksfest aber war die Fastnacht auch im zu Ende gehenden 18. Jahrhundert nicht. Adel und gehobenes Bürgertum feierten meist unter sich, die besseren Herrschaften zogen vielerorts mit Pferden, Kutschen oder Schlitten durch die Straßen, um sich gegenseitig mit Erbsen und kleinen Gipskügelchen zu bewerfen - ein Brauch, in dem das Konfetti- und Bonbonwerfen von heute wurzelt.
Ganz anders feierte das Volk. So fielen fast überall in den großen Städten „befußelte Carnevals-Nullitäten" - so nannten die Zeitungen die besoffenen Narren, - unangenehm auf. Mit Verboten suchten die Behörden Anfang des 19. Jahrhunderts dem bacchantischen Treiben auf den Straßen Herr zu werden. Vielerorts wurden Maskierungen verboten, zügelloses Feiern aber ließ sich damit nicht stoppen.
1823 schließlich kam es zur grundlegenden Reform des Feierns, als in Köln ein „Festordnendes Komitee" mit Sitzungskarneval und Rosenmontagszug die neuen Säulen des Festes schuf. Wie der Name schon sagte, wollten die Herren das Fest neu ordnen, in dem für Frauen jetzt kein Platz mehr war. Sogar die Prinzessin, die den Prinzen begleitete, der damals noch „Held Karneval" hieß, wurde von einem Mann verkörpert. Vom „Brüllen und Jauchzen des besoffenen Pöbels" war nach den ersten organisierten Umzügen nichts mehr in den Zeitungen zu lesen. Stattdessen schwärmten die Chronisten von „herrlichen Compositionen der Laune". Die alte Fastnacht kam im neuen und schicken Karnevalskleid.
Auch in den katholischen Regionen Baden-Württembergs und Bayerns fand das neue närrische Modell Anklang, verschwanden vielerorts die dort noch üblichen Vermummungen zugunsten rheinischer Karnevalsformen. Von Stuttgart bis zum Bodensee, an Neckar, Oberrhein und Donau setzte sich die neue närrische Mode durch.

„Fastnächtliche Konterrevolution" im Südwesten.
Unmittelbar vor der Wende zum 20. Jahrhundert aber wandte man sich im deutschen Süden gegen die „Fastnacht der Preußen". Statt Festwagen wie in Köln oder Mainz zu bauen, die man sich finanziell ohnehin nicht leisten konnte, kramte man die alten Narrenkleider wieder hervor, die man eine Generation vorher noch getragen hatte.
Als „fastnächtliche Konterrevolution" ging diese Brauchwandlung in die deutsche Fastnachtsgeschichte ein - ein Akt, an dessen Ende zwei nur scheinbar konträre Modelle standen: der rheinisch geprägte Karneval und die schwäbisch-alemannische Fastnacht.

Wie Fastnacht, Fasching und Karneval mit der Fastenzeit zusammenhängen
Alle drei Begriffe verraten: Das Fest verdankt seinen Sinn der anschießenden Fastenzeit. So wie die Weihnacht den Abend vor dem Geburtsfest Christi bezeichnet, ist die Fastnacht die Nacht vor der Fastenzeit. Besonders deutlich kommt das im niederdeutschen „Vasta- vend" zum Ausdruck, aus dem schließlich der „Fastelovend" wurde. Der Name „vasnaht" findet sich erstmals Anfang des 13. Jahrhunderts in einer Handschrift Wolframs von Eschen- bach. Im achten Buch seines Ritterromans „Parzival" berichtet er von einem höfisch-ritterli- chen Turnier, das zu Fastnacht stattfand.

Karneval, das romanische Wort, verweist ebenfalls auf die Fastenzeit. Im Kirchenlatein wurde der Übergang in die Abstinenz als „carnislevamen", „carnisprivium" oder „carnistollendas" (frei übersetzt: Fleischverbot) bezeichnet. Im Lauf der Zeit, wurde daraus das italienische „Carnevale", das man volkstümlich mit „Fleisch, lebe wohl" übersetzte.

Auch Fasching, das süddeutsche Wort, das erstmals im 13. Jahrhundert als „vaschang" oder „vastschanc" auftauchte, meinte ursprünglich nichts anderes als den öffentlichen Ausschank eines Fastentrunkes.